Mittwoch, 28. November 2007

Ras al Khaimah Altstadt


Mit diesem Bild möchte ich also meinen kleinen Bericht darüber, was ich
hier eigentlich mache (bzw. über die Altstadt hier...), einleiten. Im
Hintergrund seht ihr ein traditionelles Haus (oder was davon noch übrig
ist) und im Vordergrund den Rest der Altstadt: Müll...

Am Mittwoch war ich mit den Archäologen in der Altstadt und sie haben
mir dort einen Teil der historisch interessanten Häuser gezeigt und
nocheinmal vieles zur Bauweise und Nutzung erklärt... Ich werde nun ein
3d-Modell (hauptsächlich zu Visualisierungszwecken) dieser Altstadt bzw.
eines besonders interessanten Gebietes, das Potential hat, renoviert zu
werden, erstellen... (Hoffe ich...........:-/).
Das Modell soll zeigen wie die Altstadt etwa in den 1930er (bzw. bis in
die 1950er Jahre) aussah. 1930er deshalb, weil es aus dieser Zeit
Luftbilder der Royal Air Force gibt und bis 1950er Jahre deshalb, weil
da eine neue Bauweise, bzw. ein neues Baumaterial auftauchte und die
historische Substanz massiv veränderte...
Traditionell hat man hier nämlich die Häuser aus Korallenstein gebaut.
Auf dem unteren Teil dieses Gästehauses sieht man das ganz gut (man kann
wirklich noch ganz toll verschiedene Korallen erkennen!):



Zum Vorschein tritt das aber nur, weil der Verputz inszwischen
verwittert, ursprünglich sahen die Hausfassaden so aus, wie hier im
oberen Teil.
Diese Korallensteine wurden übrigens mit dem Schiff von Inseln ein
Stückchen weiter nördllich von RAK hergebracht. Zwar sind die Berge
direkt hinter der Stadt, aber Steinmaterial von dort in die Stadt zu
transportieren war zu mühsam! (nur das Fort - vom Herrscher gebaut - bestand aus Steinen aus den Bergen!)
... und im übrigen konnte sich auch nicht
jeder so ein Steinhaus leisten, die weit größere Mehrheit bestand aus
Hütten die komplett aus dem Material von Dattelpalmen gemacht wurden
(dazu ein ander mal mehr...).
Das Bild hier oben ist ein besonderes reich verziertes Haus, die
Mehrheit war viel einfacher gebaut - ohne diese ausgefallenen Ornamente
oder ganz ohne diese "Nischen". Die übrigens keine zugemauerten Fenster
sind! Fenster gab es keine - denn im Sommer wäre dadurch zuviel Wärme
reingekommen und im Winter zuviel Kälte!



Wichtig zu verstehen ist auch noch, dass das Grundstück einer Familie
von einer Mauer bzw. einem Zaun aus Dattelpalmen-Material umgeben war
und innerhalb solch eines Compounds verschiedene Gebäude waren: mit der
Längsseite nach Süden ausgerichtet das Sommerhaus und mit der Längsseite
nach Westen ausgerichtet das Winterhaus. Daneben gab es auf so einem
Compound vielleicht noch ein, zwei Hütten für Angestellte und eine
Kochstelle... Das Sommerhaus hat also nach Süden gar keine Fenster, nur
ein paar Belüftungsöffnungen und nach Norden hin sind die Türen (im
Sommer hat sich wohl aber eh das ganze Leben draußen abgespielt). Und
das Winterhaus hat eigentlich nur eine Tür, damit möglichst wenig Kälte
reinkommt...



Das Bild hier gibt vielleicht einen kleinen Eindruck... Das Gebäude mit
den Säulen auf der Veranda ist "neu", steht aber an der Stelle des
Sommerhauses, dahinter ist das noch erhaltene Winterhaus (der rechte
Teil ist wahrscheinlich auch später erst dazugekommen).

Irgendwann Mitte der 1950er haben die Leute dann gelernt wie man aus
Sand, Muschelmaterial etc. Ziegel presst. Dieses Material war plötzlich
viel leichter verfügbar und ein richtiger Bauboom setzte ein:
Verschiedene "domestic buildings" auf den Compounds kamen dazu, die
Häuser wurden ausgebaut oder komplett neu mit dem neuen Material
aufgebaut. Auf diesem Bild hier sieht man den Unterschied:



Die Mauer ist noch aus Korallenstein, dieser "Sichtschutz" gegenüber dem
Eingang aus diesem Breezeblock-Material.
Dieser Sichtschutz ist übrigens da, damit die Frauen sich innerhalb des
Compounds frei bewegen können... Wobei es ihnen doch eigentlich nur
wenig Zeit gibt, schnell nach drinnen zu laufen, wenn Gäste kommen... So
ganz klar ist mir das noch nicht. Reiche Leute hatten zum Empfangen der
Gäste extra Gästehäuser, in die man gelangte, ohne den Compound richtig
betreten zu müssen - da erscheint das ganze schon logischer...

Der Turm im Hintergrund, das ist der Klo-Turm!!! Muss einer sehr reichen
Familie gehört haben...

Und natürlich der Müll....
Ein großer Teil dieser noch traditionellen Häuser ist unbewohnt, völlig
heruntergekommen und völlig zugemüllt. Wir haben einen Mann gesehen, der
man eben aus seiner Tür getreten ist und gegenüber seinen Müll über die
Mauer geschmissen hat. Da muss man sich nicht wundern, wenn man in
manche Häuser nicht reinkommt, weil 1 m hoch (oder mehr...) der Müll
drin liegt....!!!
(Und erwähnte ich schon die *hässlichen* Katzen, die diesen Müll
bewohnen bzw. sich von ihm ernähren?!)



Tja, und diese reich verzierte Verande muss auch sehr reichen Leuten
gehört haben (die Bienen- und Muniotionskästen kamen erst später
dorthin....). Das merkt man auch daran, dass sich dieses Haus an der
höchsten Stelle des gesamtes Gebietes befindet: man hat dort wirklich
einen leichten Luftzug vom Meer gespürt - und in diesem Klima ist das
natürlich extrem angenehm und wichtig (nicht umsonst gibt es Windtürme...).


Meer?! ... ja, z.B. das hier...



Es gibt in dem Gebiet übrigens durchaus viele alte, schöne und grüne
Bäume! ... und Park-Teppiche sieht man auch des öfteren hier in RAK...
Wer sein Auto so liebt (? oder halt braucht) wie die Menschen hier, der
kann seinem fahrbaren Untersatz ja auch mal einen Teppich spendieren...!

So... jetzt habt ihr also einen kleinen Eindruck davon, wie es in meinem
"Untersuchungsgebiet" so aussieht und was es mit der traditionellen
Bauweise hier so auf sich hat...


Es gibt ganz furchtbare Masterpläne, die dieses Gebiet komplett abreißen
und neu bebauen wollen... Allerdings ist wohl selbst der Herrscher
dagegen dort Hochhäuser hinzubauen und im Gegenteil daran interessiert,
die historische Substanz auf irgendeine Weise zu erhalten
(wahrscheinlich hat er verstanden, dass Touristen neben der Manar Mall
auch noch andere Dinge sehen wollen... Und glaubt mir, in dieses Gebiet
verirrt/traut sich kein Tourist!). Nun ja... die Archäologen haben die
Hoffnung, dass mein Modell durchaus den Entscheidungsprozess
beeinflüssen könnte ("Verbales verstehen die hier nicht") und so hoffe
ich da doch mal mit... damit meine Diplomarbeit wenigstens ein bisschen
dazu beiträgt, die Welt zu retten... ;-)

1 Kommentar:

r3sp4wn hat gesagt…

Da bin ich jetzt aber schwer begeistert von Ihrer Arbeit. Es wäre schön wenn Sie dazu beitragen könnten etwas zu retten von diesen Gebäuden. Ich bin z.B. sehr begeistert darüber wie man "früher" die gebäude den temperaturen und Witterungen ausrichtete. Man könnte auch heute davon lernen und Unsummen an Energie sparen.
Heute locken die Makler die Mieter mit "großer Südbalkon" wer sowas schon erlebt hat und weiß, daß der Balkon den ganzen Sommer < 70Grad hat und nur mit geschlossenenm Rollladen lebt, weiß wie dumm das alles ist. Wahrscheinloich ein Bauboom der heute 40 jährigen Generation Solarium.
Ich hoffe, Sie können mit ihrer ausgefallenen Arbeit etwas bewirken.